Progressive Kundenwerbung - ein opferloses Delikt?
Das Lauterkeitsrecht befindet sich im stetigen Wandel. Nicht nur die zivilrechtlichen, auch die strafrechtlichen Regelungen sind hiervon betroffen. Die vorliegende Arbeit behandelt die Bedeutung und die wechselvolle Geschichte der Strafnorm der progressiven Kundenwerbung (§ 16 Abs. 2 UWG), auch bekannt als „Schneeballsystem“ oder „Pyramidensystem“. Nach einer Begriffsklärung und einem Aufriss der bisherigen Entwicklung dieser Norm untersucht sie die strafrechtlichen Implikationen der Norm als Unternehmensdelikt und prüft, unter welchen Bedingungen eine Straflosigkeit möglich ist.
Im ersten Teil der Arbeit untersucht die Verfasserin, welche inhaltliche Bedeutung den einschlägigen Bezeichnungen „progressive Kundenwerbung“, „Schneeballsystem“ und „Pyramidensystem“ in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur zukommt, in welcher Relation die Begriffe zueinander stehen und ob die vorgenommenen Kategorisierungen und Abgrenzungsmerkmale ein eindeutiges Begriffsverständnis ermöglichen.
Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit den Entwicklungen, die die Strafnorm seit ihrer Einführung ins UWG im Jahr 1986 durchlaufen hat. Hierbei werden besonders die Auswirkungen untersucht, die die beiden UWG-Reformen 2004 und 2008 auf den Straftatbestand haben.
Der Gesetzgeber hat die Strafnorm als Unternehmensdelikt ausgestaltet. Dies hat zur Folge, dass auch der erfolglose Werber formell so gestellt wird, als habe er die Tat vollendet, sobald er zum Versuch der Tat ansetzt. Ein strafbefreiender Rücktritt ist demzufolge nicht mehr möglich. Gleichwohl hält der Gesetzgeber fest, dass die Möglichkeit einer Straflosigkeit im Rahmen „notwendiger Teilnahme“ bestehe. Im dritten Teil der Arbeit werden daher zunächst die Möglichkeiten untersucht, wann eine Straflosigkeit de lege lata überhaupt angenommen werden kann. Im Anschluss werden Alternativen aufgezeigt, wie die Strafnorm angepasst werden müsste, um dem Ansinnen des Gesetzgebers Rechnung zu tragen.
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